Freitag, 19. Oktober 2012

Stressiger Nomaden-Alltag

Heute ist es nicht so schrecklich kalt, dafür aber bewölkt, sehr diesig und teilweise schneit es auch wieder. Als wir uns von unseren Gastgebern verabschieden, wird uns eine Kelle Milch hinterhergeworfen - eine schöne Tradition!
Mende fährt komplett abseits von irgendwelchen Straßen. Irgendwann scheint etwas zu klappern - ich bemerke es nicht, aber Mende kennt sein Auto sehr gut. An mehreren Jurten versucht er, ein Ersatzteil zu bekommen - eine bestimmte große Schraube muss es sein. Schließlich wird er an der vierten oder fünften Station fündig, jemand kramt eine riesige Schraube hervor. Versehen mit vielen Unterlegscheiben und ein paar Schraubenschlüsseln kriecht Mende unter die Hinterachse - beobachtet von 3 Männern und einem kleinen Jungen. Die Reparatur ist rasch durchgeführt und die kleine Versammlung löst sich wieder auf.





Als ich mir in der Zwischenzeit ein wenig die Pferde anschauen wollte, wurde ich von allen gewarnt. Übrigens warnt mich Mende vor allen Tieren, egal ob Pferd, Kamel oder Hund - besonders vor Hunden hat Mende anscheinend gehörigen Respekt! Ich nähere mich den Tieren vorsichtig und ruhig und laß den Hunden Zeit, mich zu beschnuppern. Die Mongolen sind allerdings nicht sehr freundlich zu ihren Haustieren. Die Hunde werden ziemlich schlecht behandelt, angeschrien, mit Stöcken beworfen und mit Tritten malträtiert.
Der Weg ist heute echt schlimm: viele große Löcher, über große Strecken hinweg sehr scharfe Steine, häufige vereiste Wasserdurchfahrten und die Krönung ist eine Gebirgsüberquerung bei Schnee und Eis. Im Schritttempo meistert Mende die Route, das Auto hängt extrem schief am Hang, rutscht manchmal weg, die Fahrspuren sind immens tief. Später am Nachmittag fällt das ABS aus - vermutlich ein Wassereinbruch an Sensor oder Kabel - Mende muss so weiterfahren.

Ich wollte unbedingt nach Zenker - dort gibt es heiße Quellen. Aber das Camp ist wieder mal geschlossen, die Saison ist vorbei. Allerdings kann man trotzdem das Areal besuchen, ich steige über einen Holzzaun und marschiere bis zu den Quellen. Es ist eine ein einem kleinen Betonbecken gesammelte Quelle, die über ein Rohr bzw. in einem Bächlein weitergeleitet wird. Abgesehen vom üblichen Schwefelgestank ist das Wasser viel zu heiß zum Baden - ich schätze, es hat ca. 50 Grad.
Außerdem steht heute noch Kharakhorum auf dem Programm - die alte Hauptstadt des Mongolenreiches. Am Stadtrand finde wir das Kloster, es ist sehr groß und weitläufig - für jeden erdenklichen Zweck gibt es einen anderen Buddah; und das schon seit 300 bis 500 Jahren. Früher haben in diesem Kloster etwas 300 Lamas gewohnt und man kann die Kessel noch sehen, in denen ihr Essen gekocht wurde. 2 riesige Kessel stehen auf dem Gelände, etwa 70 cm hoch und im Durchmesser etwas 170 cm!
Für die Nacht dient diesmal ein preiswertes Hotel, in dem wir ein Doppelzimmer nehmen.

Ach übrigens - ich beschreib Euch mal so einen wahnsinnig stressigen Nomadentag:
aufstehen ist bei Sonnenaufgang, zur Zeit also ca. um 7.30 Uhr. Allerdings steht die Frau zuerst auf und macht Feuer. Wenn es warm ist, steht der Rest der Familie auf. Dann ist Frühstück angesagt - Tee aus mehreren Litern Milch, einer Prise Teeblättchen, 2 Löffeln Salz und ein wenig Wasser. Danach, um ca. 9 Uhr werden die Yaks gemolken - bei Sonnenuntergang werden sie nach einem langen Weidetag wieder zusammengetrieben, um die Kälbchen von ihren Müttern zu trennen. Die 12 Stunden dazwischen muss man sich mühsam vertreiben mit
                  • Milch versorgen und Joghurt machen
                  • Tee kochen
                  • essen 
                  • Nachbarin empfangen
                  • Holz holen (sammeln, hacken, reinbringen) 
                  • rauchen 
                  • ratschen
                  • aufstehen und rausgehen 
                  • eine Runde Moped fahren
                  • Mittagschläfchen halten
                  • ratschen 
                  • essen, rauchen 
                  • …. 
Ach übrigens , die sogenannten Murmeltiere in der Geierschlucht waren wohl doch einfach nur große Mäuse - hier gibt es nämlich echte Murmeltiere (mit Schwanz). An Viechern habe ich heute einen flüchtenden Fuchs, eine der wenigen Katzen bei einem Ger und auf einem zugefrorenen See 2 Schwäne gesehen.